Zo svetovej vojny (Aus dem Weltkrieg)

  • Autor*in: Ján Hrušovský
  • Publikationsdaten: Ort: Turčiansky Svätý Martin | Jahr: 1919
  • Entstehungsjahr: 1914
  • Sprachen: Deutsch
  • Originalsprachen: Slowakisch

Kommentar:

Ján Hrušovský (1892–1975) begann seine schriftstellerische Laufbahn als
Journalist. Nach 1918 schrieb er Erzählungen, in denen die slowakische Forschung neben
der realistischen Motiven und Ausdrucksmitteln auch solche des (Spät-) Expressionismus zu
erkennen glaubt. Hierher gehören Erwartungen nahen Todes beziehungsweise dessen
vernichtende Folgen, aber auch triebhafte Regungen im Inneren der Protagonistinnen, die
sowohl deren eigenen als auch den „kosmischen Regress“, aber gleichfalls Niedergang und
Neugeburt symbolisch-politischer Kollektivkörper, hier der Habsburgermonarchie
beziehungsweise der Tschechoslowakei besiegeln, wie im Roman Peter Pavol na prahu nového
sveta (Peter Paul an der Schwelle zu einer neuen Welt, 1930).(1)
Bereits in seinen frühen Erzählungen sowie in der grundlegenden Novelle Muž s protézou
(Der Mann mit der Prothese, 1925) verarbeitete Hrušovský „die Fronterlebnisse im Ersten
Weltkrieg“, nachdem er ihnen im Buch Zo svetovej vojny (Aus dem Weltkrieg, 1919)
zunächst „die Form dokumentarischer, nahezu tagebuchartiger Aufzeichnungen“ gegeben
hatte. (2) 1913 wurde Hrušovský als „Einjährig-Freiwilliger“ nach Salzburg einberufen, wo ihn
der „Ausbruch des Ersten Weltkriegs überraschte“.(3) Das Buch beschreibt den Übergang des
Protagonisten von der österreichisch-bayerischen Grenze an die „Nordfront“ in Galizien im
Sommer und Herbst 1914 durch die Optik eines slowakischen Offiziers, der trotz seiner
Intellektualität den Kontakt mit der – in diesem Fall slawischen – „Scholle“ nicht verliert,
wodurch er den Überlebenskampf bestehen will. Der Text setzt sich aus bereits publizierten
Zeitschriftenbeiträgen, die durch Erinnerungen aus dem Rückblick aktualisiert werden
(Hrušovský führte damals kein richtiges Tagebuch), zusammen. Die Erinnerungen
beanspruchen zwar Authentizität, freilich werden „Gedächtnislücken“ zum Teil bewusst

eingesetzt, etwa wo es darum geht, Details einer „Strafexpedition“ in Galizien zu
verschweigen. (4)
Die vom sozialistischen Realismus geprägte Literaturgeschichtsschreibung nach dem Zweiten
Weltkrieg kritisierte die „mangelnde weltanschauliche Verankerung“ von Hrušovský Text,
was sich nicht zuletzt durch Auslassungen von Reflexionen über „das Judentum und
Christentum, über die Liebe zum ‚Eigenen‘ und den Hass gegen die Fremden oder die
Menschheitsideale“ (5)

, in der Neuauflage des Buches Anfang der 1970er Jahre manifestierte
(in der vorliegenden Übersetzung sind sie erhalten). Gerade „Irrationalismen“ wie die
positive Betonung der Kameradschaft unter Frontsoldaten unabhängig von ihrer jeweiligen
„nationalen“ Zugehörigkeit oder Lobpreisungen von der „Rauschhaftigkeit“ des
Kriegsalltags, aber auch die „männerbündlerische“ Perspektive des Erzählers machen den
Text nach wie vor authentisch.

 

1 Dagmar Kročanová: Vojnový veterán ako vizionár: K poetike a metafyzike v diele J. Hrušovského [Der
Kriegsveterane als Visionär: Zur Poetik und Metaphysik im Werk J. Hrušovskýs]. In: Slovenská literatúra
[Slowakische Literatur], Jg. 60 (2013), Nr. 2, S. 105–114. Vgl. auch Sabine Witt: Nationalistische Intellektuelle
in der Slowakei 1918–1945. Kulturelle Praxis zwischen Sakralisierung und Säkularisierung. Berlin u. a. 2015, S.
338–341. 2 Stanislav Šmatlák, Vladimír Petrík, Ludwig Richter: Geschichte der slowakischen Literatur und ihrer
Rezeption im deutschen Sprachraum. Bratislava 2003, S. 138.
3 Ebenda.

4 Jelena Paštéková: Plusquamperfektum. In: Slovenská literatúra [Slowakische Literatur], Jg. 54 (2007), Nr. 6, S.
429–442, hier S. 434.

5 Ebenda, S. 435.