„Der Tag wird kommen“
- Autor*in: N. N.
- Übersetzt von: Márta Horváth
- Publikationsdaten: Ort: Toronto | Jahr: 1940
- Erschienen in: Kanadai Magyar Munkás
- Ausgabe-Datum: 17. 10. 1940
- Sprachen: Deutsch
- Originalsprachen: Ungarisch
- Gattung: Artikel
Übersetzung
N.N.: „Der Tag wird kommen“
Lion Feuchtwanger, der weltberühmte deutsche Schriftsteller und Anti-Nazi-Flüchtling, der vor kurzem aus einem französischen Konzentrationslager geflohen ist, kam letzte Woche mit dem amerikanischen Exportdampfer Excalibur hier an.Der international bekannte Schriftsteller musste in den letzten sechs Monaten, während die Nazi-Legionen über Frankreich herfielen, viel Leid und Entbehrung ertragen. „Es war der glücklichste Tag meines Lebens“, sagte er, „als ich den Hafen von New York erblickte.“
Bei der Schilderung einiger haarsträubender Erfahrungen seiner Flucht sagte der Beiträger von „Macht“ und kürzlich von „Paris Gazette“, er sei „aus Frankreich von einem amerikanischen Freund praktisch gestohlen worden“.
Er ging gerade mit 200-300 anderen Häftlingen zu einem kleinen Fluss in der Nähe von Nîmes in Südostfrankreich zu seinem wöchentlichen Bad, und als er in seiner kurzen Unterhose aus dem Wasser kam, fuhr der „amerikanische Freund“ mit einem Auto zu. Er gab ihm ein paar Frauenkleider, schob ihn schnell ins Auto und fuhr mit ihm davon. Dies geschah am 21. Juli.
Während die Polizei seine Villa in Sanary in der Nähe von Toulon durchsuchte, fuhr ihn sein Retter heimlich in eine andere Stadt im Südosten Frankreichs.
Herr Feuchtwanger ist vielleicht der letzte prominente Anti-Nazi-Schriftsteller, der von den Nazis wegen seiner Flucht aus Frankreich gesucht wird. Gemäß dem „Friedensvertrag“ muss Frankreich nämlich die namentlich genannten Feinde der Nazis ausliefern. Andere, wie Heinrich Mann und Franz Werfel, die ebenfalls entkommen konnten, sind auf dem Weg nach New York.
Der Schriftsteller war blass und erschöpft, einerseits von den Umständen während des monatelangen Aufenthaltes in einem Konzentrationslager, die ihn zu bitteren Äußerungen über die Behandlung politischer Gefangener in Frankreich veranlasst hatten, andererseits von dem Herumirren und der Verfolgung, die er zusammen mit anderen unerbittlichen Anti-Nazis erlitten hatte.
Er ist als Besucher gekommen, und in seinem Pass ist auch ein Einwanderungsvisum eingetragen, das ihm die Einreise nach Mexiko ermöglicht, falls der Plan eines einheimischen Dauerbewohners über sein legales Niederlassen scheitern sollte.
Der Schriftsteller sagte, dass sein neuestes Werk, „Der Tag wird kommen“, das als letzter Band seiner „Josephus-Trilogie“ entstanden ist, als Manuskript „irgendwo in Frankreich“ liegt, und er nicht weiß, ob er es jemals zurückerhalten wird.
Feuchtwanger wurde erstmals im vergangenen September verhaftet und in ein Konzentrationslager in Les Milles, unweit von Aix, gebracht. Er war nur zehn Tage dort und wurde im Stillen entlassen – so still, dass sich noch lange nach seiner Entlassung hohe Regierungsbeamte, darunter auch Minister, um seine Freilassung bemühten, ohne zu wissen, dass er bereits in seinem Haus in Sanary war.
Am 21. Mai, nach der Besatzung der kleinen Länder im Westen, wurde er erneut verhaftet und in das Lager gebracht, in dem zu diesem Zeitpunkt bereits Tausende von Gefangenen zusammengepfercht waren.
„Es war eine groteske Sache“, sagte er. „Die Franzosen steckten mich in ein Konzentrationslager, weil ich Deutscher war, während zur gleichen Zeit britische Flugzeuge über Deutschland Propagandaflugblätter mit Zitaten aus meinen Anti-Nazi-Schriften abwarfen. Es war sehr seltsam.“
Die Franzosen hätten sogar Golo Mann verhaftet, der nach Frankreich berufen worden war, um sich der tschechischen Legion anzuschließen, die damals gegen die Deutschen kämpfte. Sie verhafteten auch die deutschen Ehefrauen französischer Soldaten aus dem letzten Krieg.
„Die Behandlung von Flüchtlingen ist ein Beweis für die starken faschistischen Tendenzen der französischen Regierung“, sagte er. „Es war so etwas wie eine riesige Wiederholung der Dreyfus-Affäre, um die Aufmerksamkeit von den Verantwortlichen für Frankreichs Schicksal abzulenken.“
In der Nacht vor der Abreise nahm sich einer von ihnen, der deutsche radikale Dramatiker Walter Hasenclever, das Leben. „Hätte er doch wenigstens ein paar Stunden gewartet“, sagte Feuchtwanger, „aber das konnte er natürlich nicht wissen.“ Der Dramatiker lag nur drei oder vier Strohsäcke von ihm entfernt im Lager.
Deutsch von Márta Horváth
„Eljön az a nap“. Kanadai Magyar Munkás, 17.10.1940, 12.