Ungarn kämpft für Europa

Kommentar:

Der Leitartikel des Neuen Wiener Tagblatts kommentiert den Besuch von Ministerpräsident Nikolaus von Kallay bei Adolf Hitler aus Anlass der Kriegserklärung der USA gegen Ungarn, Rumänien und Bulgarien am 5. Juni 1942. Schon der Titel des Leitartikels überrascht mit politischer Rhetorik: mit der Umdeutung eines Krieges gegen Europa in einen Krieg für Europa. Für die Argumentation wird ein altes Klischee des ungarischen Geschichtsbildes ins Bewusstsein geholt: die Rolle des historischen Ungarns als Bollwerk gegen die osmanische Eroberung vom 15. bis zum 17. Jahrhundert. Die Verantwortung, die „das ungarische Volk“ diesmal übernimmt, bestehe in der „Errettung Europas von der bolschewistischen Gefahr“. In dieser „europäischen Mission“ werden ‚der beste Wille‘ des Landes und dessen Bemühungen, der Zeitereignisse Herr zu werden, erläutert, ohne dass dabei über die zunehmenden Konsequenzen des Krieges für Ungarn weitere Worte fallen würden. Der Artikel bietet ein Beispiel für die politische Indienstnahme von nationalen Selbstbildern und über die hemmungslose Kaschierung politischer Tatsachen durch Propaganda. Der Schluss des Artikels variiert den Titel weiter: „Ungarn kämpft mit Europa mit!“