Unter fünf Augen. Tamás Vitray im Gespräch mit István Örkény (1974) (Auszug)
- Autor*in: István Örkény
- Übersetzt von: Endre Hars
- Entstehungsjahr: 1974
- Sprachen: Deutsch
- Originalsprachen: Ungarisch
Kommentar:
Der ungarische Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer István Örkény (1912–1979) ist besonders bekannt als Verfasser von sogenannten „Minutennovellen“, in denen im kurzen Umfang pointierte Geschichten erzählt werden. Durch die Stilmittel der Satire und der Groteske werden in diesen Novellen über ungewöhnliche, verblüffende bis erschreckende Begebenheiten berichtet, aber die Sozialkritik wird durch eine humorvolle Haltung gebrochen. Bekannt ist sein Stück Tóték (1967, dt. Die Familie Tót), in dem mithilfe surrealistischer und tragikomischer Elemente der Militarismus und der Zweite Krieg, die Verelendung von Menschen unter psychischem und sozialem Druck geschildert wird.
Tamás Vitray (1932–) ist ein ungarischer Journalist, Chefredakteur und Reporter. Eine von seinen wichtigsten Fernsehproduktionen war „Ötszemközt” [Unter fünf Augen], in der er 1974 auch mit István Örkény ein Gespräch geführt hat. Dieses Interview enthält biografische Elemente auch im Zusammenhang mit dem Holokaust, von dem beide Personen betroffen waren.
Die Geschichte ist eine Episode aus 1942, als István Örkény mit einer Apotheker-Ausbildung zum Reserve-Unteroffizier, und in dieser Funktion mehrmals zu Kampfübungen einberufen wurde. Örkény erzählt, wie er einem konkreten Befehl, folgte, aber durch ein Missverständnis und/oder die Bösartigkeit seines Vorgesetzten brutal bestraft wurde. Örkény hat die Geschichte in mehreren Versionen erzählt. Hier liegt der Akzent nicht auf dem Verwaltungsfehler, sondern darauf, dass der Erzähler die Einberufung aus Arglosigkeit bzw. aus einem gewissen Verwöhntsein missversteht. Der Text führt kontroverse Erwartungen zusammen, die anfängliche Selbstsicherheit – ergänzt durch männlichen Stolz – steht im Kontrast zur militärischen Demütigung und zur Wirklichkeit werdenden Inhumanität. Der Vorfall hatte schwerwiegende Konsequenzen für Örkény: Er wurde in einer Kompanie von Arbeitsdienstlern an die Front am Don geschickt.