Nationalismus & Nationalitäten

Welten

Kommentar:

Der Roman Svety (Welten, 1928) des slowakischen Schriftstellers und Politikers Martin Rázus (1888–1937) erschien aus Anlass des zehnten Jahrestages der Gründung der Tschechoslowakischen Republik. Er beschreibt am Beispiel einer westslowakischen Region, wie das slowakische Volk aus dem Königreich Ungarn ausscheidet und sich dem neuen Staat anschließt. Der Roman beginnt mit der Darstellung des „Umsturzes“ vom Herbst 1918, als sich das Volk gewaltsam von seinen vermeintlichen Ausbeutern und nationalen Unterdrückern befreien will. Diese verkörpert die Figur des Juden, der Zielscheibe von sog. „Plünderungen“, die beim Kriegsende weite Teile Oberungarns erschütterten und neben jüdischen Händlern und Schankwirten gegen die Staatsverwaltung und den Großgrundbesitz gerichtet waren. Anführer waren heimkehrende Soldaten, an den Plünderungen nahmen jedoch ganze Dörfer teil.

Rázus ließ sich von wahren Begebenheiten inspirieren, wie sie sich im November 1918 in Neustadt an der Waag/Vágújhely/Nové Mesto nad Váhom – in der Romanhandlung: Klenovo – zugetragen hatten. Nachdem in Nachbardörfern jüdische Wirtshäuser und Geschäfte geplündert worden waren, begaben sich am 4. November 1918 Massen der Landbevölkerung in die Kreisstadt, wo ein Jahrmarkt stattfinden sollte. Angesichts einer bedrohlich anmutenden Menschenmenge erschossen ungarische Soldaten aus dem Fenster des Rathauses nicht nur etliche Randalierer, sondern auch einen Regierungsbeamten (Stuhlrichter). Nach dem Abzug der Soldaten – die von der nichtjüdischen Bevölkerung als „Judengarde“ diffamiert wurden, da jüdische Einwohner den Soldaten begreiflicherweise Hilfe leisteten – wurden jüdische Läden und Wohnungen in der ganzen Stadt ausgeraubt und zerstört. Besonderen Eifer legten dabei die Einwohner der Nachbargemeinde Lubina – in der Romanhandlung: Lesná – an den Tag, deren Handlungen hier geschildert werden.