Viliam Pauliny-Tóth
Dualismus und historisches Recht
„Du liebst mich nicht!“
„Aber, ich bitte dich, plausch nicht![1] Du kommst zu uns seit drei Jahren; ich habe dir gern mein Herz gegeben, und ich würde dir auch die Hand geben, wenn es nur möglich wäre?“
„Und warum sollte das nicht möglich sein?“
„Und was sollen wir essen?“
„Ich werde ein Büro bekommen. Ich habe die Gewissheit, dass die Deutschen nachgeben werden, und dann wird eine gerechtere Zeit für uns Liberale anbrechen.“
„Das sagst du mir schon seit drei Jahren. Von Tag zu Tag wartest du – und immer vergeblich. Komm schon. Ich bin zwanzig Jahre alt, und ich will kein alter Sack bleiben.“
„Du willst also doch den Berger heiraten?“
„Ja, und zwar gerne.“
„Er ist ein getaufter Jude.“
„Das ist mir egal.“
„Er ist dreimal so alt wie du.“
„Umso besser.“
„Warum?“
„Ich werde Herrin im Haus sein, ich werde tun, was ich will.“
„Aber ich werde dich nicht loslassen. Ich habe ein historisches Recht auf dich.“
Plötzlich verstummten sie beide. Er wartete auf eine Antwort, sie überlegte, klatschte plötzlich in die Hände und lachte auf, als ob ihr ein äußerst willkommener Gedanke gekommen wäre.
„Was?“
„Nichts, nichts, mir ist nur etwas in den Kopf gekommen.“
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Ein freundliches „Herein“ ertönte von den Lippen der Schönen, und ein wohlhabender Kaufmann aus der Stadt P. betrat den Raum.
„Habe die Ehre.“
„Guten Tag“ und gegenseitige Komplimente folgten.
„Herr von Berger“, stellte Emilie den Neuankömmling vor. „Herr von Szlaninkay, Gutsbesitzer aus N.“
Szlaninkay[2] biss sich auf die Lippe und verbeugte sich stumm vor dem Neuankömmling.
In P.s Café sitzen drei Bürger, Schirm, Bley und Berger, und politisieren.
„Verzeihen Sie mir, meine Herren“, sagt Herr Berger, „aber ich glaube, dass Österreich nur im Dualismus glücklich und groß sein kann. Lasst die österreichischen Erblande ihre Institutionen behalten, und lasst uns Ungarn unsere frühere Verfassung behalten. Jeder Teil des Landes soll für seine eigenen inneren Bedürfnisse und Angelegenheiten nach bestem Wissen und Gewissen sorgen, und lediglich das, was notwendigerweise gemeinsam getan werden muss, soll auf einem gemeinsamen Kongress besprochen werden, aber so, dass unsere altväterlichen Rechte dadurch in keiner Weise beschnitten werden.“
„Und weißt du Berger, wie es mir vorkommt, was du sagst?
„Was denn?“
„Wie eine Ehe mit getrennten Kassen“.
„Seit wann“, wirft der Holzhändler Schirm ein, „das möchte ich wissen, ist unser Berger ein so großer Freund des Dualismus? Denn noch vor einem Jahr war er ein großer Zentralist“.
„Seit wann?“ sagt der Weinhändler Bley, „seit er geheiratet hat. Weißt du etwa nicht, dass seine Frau eine glühende Anhängerin des Dualismus ist?“
„Nein“, meint Schirm, „ich glaube, dass der Gutsbesitzer aus Altsohl, Herr von Szlaninkay, der seit einem halben Jahr hier wohnt, einen so großen Einfluss auf sein politisches Denken gehabt hat.“
„Wie dem auch sei, Brüder, es reicht, dass es tatsächlich der Fall ist. Es war vor allem meine Frau, die mich zum Dualismus und Herrn von Szlaninkay zum Prinzip des historischen Rechts geneigt haben, aber auch ich selbst bin jetzt der Meinung, dass es unter den Umständen unseres Landes nicht anders sein kann.“
„Nun, du wirst trotzdem anders denken.“
„Niemals. Aber lassen wir die Politik jetzt in Ruhe. Es ist neun Uhr; ich habe versprochen, M. R. bei der Soirée Besuch zu erstatten. Lebt wohl!“
„Aber gehe doch noch nicht.“
„Ich muss.“
„Ist denn auch deine dort?“
„Ist sie nicht. Sie fühlte sich sehr krank, sie konnte nicht gehen. Sie hat sich hingelegt.“
„Nun denn“, sagt Kaufmann Bley, „was wirst du alleine dort tun?“
„Weißt du was?“ sagt Schirm. „Lade uns zu dir für einen Tee ein.“
„Nun, wenn ihr mitkommt, warum nicht. Ich habe sowieso keine große Lust, ohne meine Frau zu dieser Feier zu gehen. Dann lasst uns zu mir gehen.“
Sie standen auf und gingen.
Herr Berger hatte den Hausschlüssel dabei, sie öffneten das Tor, und die drei Freunde betraten den Hof.
„Schaut, bei mir ist es noch hell“, bemerkte Herr Berger und blickte auf die beiden beleuchteten Fenster seiner Wohnung. „Nun, Brüder, meine Emilie ist noch wach. Komm, wir werden sie angenehm überraschen.“
Und die drei gingen langsam in die Küche und von der Küche in das Zimmer der Dame. Sie überraschten Emilia, wenn auch nicht sehr angenehm.
In einem anmutigen Negligé saß sie, in den Prinzipien des praktischen Dualismus schwelgend, in einem geschmeidigen Sessel, und neben ihr im anderen Sessel saß der „Gutsbesitzer“ Szlaninkay, der hier wohl die Früchte seines historischen Rechts erlebte, denn um den dampfenden, zahnförmigen Samowar herum standen würziger Kaviar, westfälischer Schinken, Sardellenbutter und allerlei andere Köstlichkeiten.
Was nach dieser Überraschung geschah, darüber schweigt meine Chronik, denn der verehrte Leser wird es schon selbst erraten haben.
Ich möchte nur so viel hinzufügen, dass es von diesem Moment an keinen größeren Feind des Dualismus und des historischen Rechts gab als Herrn Berger.
Drei Wochen nach diesem Ereignis erschien in der Pesti Nápló ein Artikel in Form eines mit den Chiffren Sz-y unterzeichneten Briefes aus Altsohl, in dem sich der Schreiber über das deutsche Bürgertum beklagt, dass es für die heiligen Grundsätze des historischen Rechts kein értelem[3] habe, ja dass es in seinem blinden Spießbürgertum durch verschiedene Untaten die fleißigen Anhänger dieser segensreichen Lehre gar noch von ihrem Wege verdränge.
Pauliny-Tóth, Viliam: Dualizmus a historické právo, in: Sokol IV, 1865, Nr. 7, S. 137–139.
[1] Kursiv gesetzt sind Worte und Wendungen, die im slowakischen Original auf Deutsch geschrieben sind.
[2] Durch ungarische Orthographie verzerrter Spottname (Ableitung von slaninka, auf Slowakisch Speck), der den magyarisierten slowakischen Adel auf den Arm nahm.
[3] Verständnis (ung.).