Ist der Mann vernüftiger als die Frau (Brief an den Redakteur)
- Autor*in: Géza Csáth
- Übersetzt von: Amália Kerekes
- Publikationsdaten: Ort: Szabadka/Subotica | Jahr: 1904
- Erschienen in: Bácskai Hírlap
- Ausgabe-Datum: 07. 07. 1904
- Sprachen: Deutsch
- Originalsprachen: Ungarisch
- Gattung: Brief
Übersetzung
Géza Csáth: Ist der Mann vernünftiger als die Frau (Brief an den Redakteur) [Auszug]
Die Tätigkeit der Frau richtet sich bevorzugt und in erster Linie auf die Erhaltung der Gattung. In den überbevölkerten Gesellschaften, wo an dieser Tätigkeit der Frau ein geringerer Bedarf besteht, entwickeln sich ihre geistigen Fähigkeiten, und sie hat mehr Anteil am Kampf ums Brot – wie in Amerika. Wo sich die geistige Aktivität der Frau weiterentwicklelt (mit der des Mannes gleichzieht), kann die Frau ihrer Hauptverpflichtung, der Erhaltung der Gattung nicht nachkommen. Die Folge? – die Verschlechterung der Erhaltung der Gattung. Die gleiche geistige Befähigung von Frau und Mann am selben physiologischen Ort absurd wird dadurch absurd und zieht den Verfall der Art nach sich. Das ist ein simples physisches Gesetz der gesellschaftlichen Entwicklung! Wir wollen damit nicht sagen, daß die geistige Befähigung des am weitesten entwickelten Mannes viel besser ist als jene der am weitesten entwickelten Frau, dies kann ja auch nicht sein; denn um die beiden Geschlechter vergleichen zu können, müssen immer der gleiche Ort und die gleiche Zeit in Betracht gezogen werden. Das ist das sine qua non der richtigen Beurteilung gesellschaftlicher Tatsachen.
Neben einer derartigen Auffassung der Dinge müssen wir aber zugleich festhalten, daß in der Gesellschaft nichts umsonst geschieht. Daß die Frauen für die Beschäftigung mit Mathematik und Künsten in den anfänglichen – jedoch idealen – Gesellschaften wie die der Griechen keine Zeit hatten, kann wohl kein Zufall sein. Die Kunstgeschichte weist kein weibliches Genie auf, und über Madame Sévigne, George Sand wird ja eben vermerkt, daß sie männlicher Natur waren; alles, was in ihnen weiblich war, äußerte sich höchstens in der Liebe, währenddessen ihre Kunst in ihrer Männlichkeit groß und genial geworden ist!
In ein und derselben Gesellschaft können die Frauen im allgemeinen geistig nicht weiter entwickelt sein als die Männer. Wo – wie in den frühen Gesellschaften – die Tätigkeit der Männer sich fast ausschließlich auf den Krieg richtete, stieg die Fruchtbarkeit der Frauen an. Mit dem Frieden leisteten sie gelegentlich in der Industrie, dem Handel, der Kunst Hilfe, aber säen, erfinden konnten sie nicht.
Und nun fragen wir, ob dieses Urteil für die Frauen in irgendeiner Weise nachteilig ist. Nein. Die Natur duldet keine Ungerechtigkeiten, und wenn Jahrtausende lang der Mann geistig begabter war, wurde der Frau die biologische Arbeit der Erhaltung der Gattung eher zuteil (während der materielle Teil der Arbeit vom Mann erledigt wurde.)
Wenn wir über den stärkeren Mann sagen, daß er auf einer höheren geistigen Stufe steht, sagen wir nichts anderes, als daß die Natur, als sie die Tätigkeit des Mannes bestimmte, zugleich dafür sorgte, daß sich auch die zu dieser Arbeit nötigen Kräfte entwickeln. Und sie entwickelten sich auch tatsächlich; bei den Frauen entsprechend ihrer Arbeit ebenso. So ist im allgemeinen der Geist des Mannes schöpferisch, sein Denken logisch, seine physische Beschaffenheit stark und ausdauernd, auch erträgt er die körperliche Arbeit besser; in der geistigen Welt der Frau hat sich dafür anstelle des Denkens das Empfinden besser entwickelt, ihr Geist ist praktischer, ihre Auffassungsgabe schneller, ihr Gedächtnis besser, dafür aber ihre physische Beschaffenheit schwächer (ihr Körper verfällt im Alter auch eher).
Den Großteil der Fähigkeiten besitzt die Frau, die wertvolleren gehören aber dem Mann. Zwei Eigenschaften treten jedoch in der Arbeit am Fortschritt des Menschengeschlechts besonders hervor. Das Erfinden und Schöpfen – gehören dem Mann; die Erhaltung der Gattung – gehört in erster Linie der Frau. Es wäre wohl mühsam, an dieser Arbeitsteilung etwas zu ändern; wurde sie doch vor Jahrtausenden festgelegt und … einer Änderung würde wohl auch keine der Parteien mehr zustimmen.
Übersetzt von Amália Kerekes
In: Csáth, Géza: Értelmesebb-e a férfi, mint a nő (Levél a szerkesztőhöz) [Auszug]. In: Bácskai Hírlap v. 7.7.1904, S. 2–3.
Quelle: Kerekes, Amália/Millner, Alexandra/Orosz, Magdolna/Teller, Katalin (Hg.): Mehr oder Weininger. Eine Textoffensive aus Österreich/Ungarn. Wien: Braumüller 2005, S. 53–54.